Mittwoch, 24. Dezember 2003
Weihnachtshass
Ich hasse Weihnachten. Deshalb heute pünktlich der passende schrifliche Schmerzensschrei - und ich stehe auch dazu. Wer Weihnachtsfreund ist , möge bitte nicht weiterlesen....

Schon im September gehts los. Zunächst nur in der Rechnungsabteilung der Kaufhäuser - Dekorationskosten(Weihnachtspropagandaabteilungen sollte man sie besser nennen), und zu erwartender Gewinn durch Weihnachtseinkäufe werden abgewogen, analysiert und miteinander gewinnmaximiert. Soweit, sogut : das ist gottseidank nicht öffentlich. Dann aber wagen sich die tödlichen Fühler der Weihnnachtsstimmung spätestens Mitte Oktober aus ihrem Versteck. Die Zeitung propagiert eifrig den kommenden Weihnachtsmarkt, während es draußen noch knapp 23 Grad hat, werden in geheimen Lagern bereits Schololadennikoläuse gegossen. Auch die Stimmung verändert sich unmerklich, aber doch bestimmt : statt des nächsten Besäufnisses mit Freunden rückt das familiäre Weihnachtsfest in den gedanklichen Vordergrund - immerhin riecht die Luft nach Geschenken.Noch jedoch vermag sich der standhafte Weihnachtshasser dem zu entziehen, er baut dazu sozusagen eine geistige Firewall auf(durch Yoga, aber auch durch Alkohol möglich).

Spätestens jedoch im November ist alles zu spät : Gebimmel von Glöckchen, furchtbare Weihnachtslieder(bei Temperaturen um die 15 Grad einfach unangemessen), Weihnachtskrims, Weihnachtskrams, Weihnachtskitsch und Weihnachtsmarkt, Weihnachtssterne, Weihnachts-Shopping(es gibt sozusagen nichts kommerzialisierteres auf der Welt als Weihnachten, außer vielleicht Harry Potter), Weihnachts.....ich höre auf, es hat keinen Zweck. Irgendwann möchte man sich sowieso zusammen mit dem Osterhasen und Sankt Martin bis zur Besinnungslosigkeit betrinken, nur um es wenigstens bis zum 1. Advent ohne psychischen Dauerschaden auszuhalten.

Der Dezember naht, und mit ihm das Christkind - ach, wie herrlich doch das Jauchzen der Engel. Das ist die Zeit, in der die ganze sogenannte High-Society sich in zweitklassigen Theaterstücken oder Konzerten ein Stelldichein gibt, während massenweise überteuerter Schaumwein verkauft wird, gleichzeitig die anderen,welche sich derartige Extravaganzen entweder nicht leisten können, oder nicht wollen, zum simpleren Plätzchenbacken übergehen. Die abendliche Plätzchen-Session mutiert alsbald zum Glühwein-Plörren-Besäufnis, wenn man selbiges nicht schon vorher auf dem Weihnachtsmarkt vollzogen hat. Weihnachten ist auch eine fürchterliche Zeit, mit Menschen zu sprechen : jedes zweite Wort ist "Geschenk" oder "Glühwein", man möchte am liebsten die Ohren mit Pfropfen verstopfen, oder sich ein eigenes Duplikat halten, welches willig solcherart small-talk lauscht.

Am 24. ist dann meistens sowieso alles zu spät, wer sich als Weihnachtshasser bis spätestens 10 Uhr morgens noch nicht ins Delirium getrunken hat, ist nicht nur verpflichtet, die restlichen, mittlerweile zwar staubtrockenen, aber nichtsdestoweniger knochenharten Plätzchen kiloweise in sich hineinzukippen, sondern auch sich dem an Weihnachten gerne mal geheuchelten christlichen Glauben mittels einer elend langen Predigt in der kalten Kirche zu widmen.

Ist das schlussendlich vorbei, kann man sich ja schließlich immer noch auf die nächsten Feiertage freuen - und auch Ostern kommt bestimmt

in dem Sinne : fröhliche Weihnachten :)

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